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Kalibrierbilder für die DeepSky-Fotografie auf Vorrat?

  • kolb-telieps
  • 27. Juni
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 6. Juli

Was du wirklich wiederverwenden kannst – und was nicht


Kalibrierbilder aufzunehmen gehört zu den weniger beliebten, aber entscheidenden Schritten in der Astrofotografie. Sie kosten Zeit – vor allem in klaren Nächten, die man lieber komplett fürs eigentliche Fotografieren nutzen würde. Doch muss man wirklich jedes Mal neue Darks, Flats und Bias aufnehmen? Oder lassen sich manche Kalibrieraufnahmen einfach konservieren und wiederverwenden?

 

In meinem YouTube-Video zum Thema Kalibrierbilder erkläre ich dir die Grundlagen: Was Darks, Flats, FlatDarks und Bias sind, wann man sie braucht – und wie du sie effizient aufnimmst.

In diesem Blogbeitrag gehen wir nun einen Schritt weiter: Ich zeige dir, welche Kalibrierbilder du wirklich wiederverwenden kannst, unter welchen Bedingungen das funktioniert – und was es mit der oft diskutierten Kühlschrankmethode auf sich hat. Mit klaren Empfehlungen und einer kompakten Übersichtstabelle am Ende – damit du deine eigene Kalibrierroutine sinnvoll und zeitsparend aufbauen kannst.


Dabei beziehe ich mich auf Aufnahmen mit D(S)LR-Kameras. Astrokameras sind meist gekühlt und die Sensortemperatur lässt sich direkt einstellen. Generell empfehle ich, von allen Kalibrieraufnahmen 30 Stück zu erstellen. Und beachte: Eine fehlerhafte Kalibrierung deiner Lights ist oft schlimmer als gar keine.

Sternenhintergrund mit Kalibrierbildern für die Deep Sky-Fotografie davor: schematische Darstellung zur Erstellung und Verarbeitung
Kalibrierbilder für die Deep Sky-Fotografie

🔧 Bias – klein, schnell, aber nicht ganz banal


Bias-Aufnahmen gelten als die schnellste Kalibriermaßnahme: Du nimmst 30 Bilder mit der kürzest möglichen Belichtungszeit auf – ohne Licht, dafür mit abgedecktem Objektiv bzw. Teleskop. Was einfach klingt, hat in der Praxis ein paar Fallstricke.


Was macht ein Bias eigentlich?


Ein Bias enthält den elektronischen Auslese-Offset deiner Kamera. Dieses Signal entsteht beim Auslesen der Pixel – ganz unabhängig davon, ob Licht auf den Sensor gefallen ist. Dieser Offset muss von den Lights abgezogen werden. Dafür dient das Bias. Allerdings sind die Bias in allen Aufnahmen enthalten, also auch in den Darks. Sie werden nur für spezielle Korrekturen gebraucht, z. B. wenn die Flatdarks fehlen.


Aufnahmebedingungen: bitte wirklich dunkel


Bias-Aufnahmen müssen im Dunkeln entstehen – und zwar nicht nur mit einem Objektivdeckel. Sowohl bei Teleobjektiven als auch Teleskopen ist ein einfacher Kunststoffdeckel nicht lichtdicht genug. Fremdlicht, z. B. von Straßenlampen oder einem Monitor, kann zu Verfälschungen führen.


Daher mein Rat:

  • Nimm die Bias direkt nachts draußen oder im verdunkelten Raum auf.

  • Wenn es dafür gar keine Möglichkeit gibt, decke das Objektiv / Teleskop zusätzlich zur Kappe mit einem dunklen Handtuch oder einer dunklen Decke ab.


Temperatur: Auch Bias sind sensibel


Entgegen häufiger Behauptungen ist das Bias-Signal nicht völlig temperaturunabhängig. Der Auslese-Offset kann sich mit der Sensortemperatur leicht verändern.

Deshalb: Wenn du hohe Bildqualität willst, nimm deine Bias bei ähnlicher Temperatur wie deine Lights auf, am besten direkt vor oder nach der Session.


Haltbarkeit: nicht ewig verwendbar

 

Ein Master-Bias lässt sich für die entsprechenden Temperaturen über mehrere Wochen oder sogar Monate nutzen – wenn das Setup unverändert bleibt. Aber mit der Zeit verändert sich auch der Sensor leicht – durch Alterung, Hitzezyklen, oder elektrostatische Einflüsse, ganz zu schweigen von Reparaturen. Vor allem bei häufig genutzten Kameras lohnt es sich, das Master-Bias alle drei bis sechs Monate zu erneuern.


Fazit Bias


Bias sind die einfachsten Kalibrieraufnahmen – und unter den richtigen Bedingungen gut konservierbar. 30 Aufnahmen reichen in der Regel für ein sauberes Master-Bias. Aber nimm sie im Dunkeln, temperaturangepasst auf – und aktualisiere sie regelmäßig, idealerweise zweimal im Jahr. Dann bleibt deine Kalibrierung sauber – und du ersparst dir viele Probleme in der Bildbearbeitung.


🌑 Darks – ohne Temperaturtreue wird’s dunkel


Darkframes sind Kalibrierbilder, die ebenfalls im Dunkeln bei exakt derselben Belichtungszeit wie deine Lights aufgenommen werden. Sie enthalten das sogenannte Dunkelrauschen – also Hotpixel, Verstärkerglühen (Amp Glow) und thermisches Rauschen des Sensors. Auch die Darks sind temperaturempfindlich – und dadurch auch fehleranfällig, wenn sie falsch erstellt werden.


Aufnahmebedingungen: kompromisslos exakt


Damit deine Darks wirken, müssen folgende Parameter 100 % übereinstimmen:

  • Belichtungszeit

  • ISO oder Gain

  • Sensortemperatur

  • Optisches Setup (für Amp-Glow)

 

Die oft zu lesende Empfehlung, man solle die Darks „möglichst unter ähnlichen Bedingungen“ aufnehmen, führt regelmäßig zu Fehlern. Schon Abweichungen von wenigen Grad Celsius können die Dark-Korrektur bei ungekühlten Kameras unbrauchbar machen.


Die eigene Master-Dark-Bibliothek: eine echte Zeitersparnis


Um nicht jede Nacht neue Darks aufnehmen zu müssen, kannst du dir eine Master-Dark-Bibliothek anlegen – aber nur, wenn du deine Lights ebenfalls standardisierst.

 

Ideal ist ein Set von festgelegten Belichtungszeiten, z. B.:

  • 30 s

  • 60 s

  • 120 s

  • 180 s

  • 240 s

  • 300 s

 

Wenn du konsequent bei diesen Werten bleibst, kannst du für jede Kombination von ISO, Belichtungszeit und Temperatur ein passendes Master-Dark erstellen und bei Bedarf wiederverwenden. Am einfachsten wird es, wenn du immer die gleiche ISO-Einstellung verwendest. Die Temperaturabweichung sollte möglichst unter 3°C liegen.


30 Einzelbilder sind ein bewährter Richtwert, um das zufällige Rauschen zuverlässig zu mitteln. Die Darks solltest du direkt im Anschluss an die Lights aufnehmen, damit sich die Sensortemperatur nicht verändert – bei DSLRs also möglichst ohne Unterbrechung und bei identischem Setup.


Fazit Darks


Darks lassen sich, wenn keine Besonderheiten am Sensor auftreten, sehr gut für 3 - 6 Monate konservieren, wenn du deine Belichtungszeiten standardisierst und die Temperaturen dokumentierst. Eine eigene Master-Dark-Bibliothek spart dir jede Menge Zeit – aber nur, wenn du exakt arbeitest. Beliebige Kombinationen oder „so ungefähr passenden“ Darks führen schnell zu mehr Problemen als Lösungen.


❄️ Kalibrierbilder aus dem Kühlschrank – funktioniert das?


Immer wieder wird empfohlen, Kalibrierbilder – Darks, Flatdarks und Bias – im Kühlschrank aufzunehmen, um eine passende Temperatur zu simulieren. Aber funktioniert das wirklich? Die kurze Antwort lautet: Nur, wenn du ganz genau weißt, was du tust.


Warum überhaupt im Kühlschrank?


Ungekühlte Kameras haben bei Astrofoto-Sessions oft sehr unterschiedliche Sensortemperaturen – abhängig von Außentemperatur, Dauer der Belichtung und Luftzirkulation. Wer Darks oder FlatDarks zu einem späteren Zeitpunkt erstellen will, braucht also eine Möglichkeit, die ursprüngliche Temperatur möglichst exakt zu reproduzieren. Ein leerer Kühlschrank kann dafür eine gute Lösung sein – wenn er richtig vorbereitet ist.


Was auf keinen Fall funktioniert


  • Die Kamera aus der Kälte in einen warmen Raum holen und dann gleich kalibrieren – dabei kann sich Feuchtigkeit im Gehäuse und sogar auf dem Sensor niederschlagen.

  • Ein normaler Kühlschrank mit Lebensmitteln – dort ist die Luftfeuchtigkeit viel zu hoch, und das birgt ein hohes Risiko für Kondensation.

  • Die Temperatur nicht mit einem Thermometer zu überprüfen, sondern sich auf die Reglertemperatur zu verlassen.

  • Tür offen lassen oder undichte Tür – dann stimmen Temperatur und Lichtverhältnisse nicht, und die Kalibrierung ist unbrauchbar.


So funktioniert es wirklich – mein bewährter Ablauf


Ich verwende dafür einen ausrangierten, sauberen und absolut trockenen Kühlschrank. Darin regle ich die Temperatur stufenweise herunter – je nach dem Zielwert, den ich für die Lights dokumentiert habe (z. B. 10 °C oder 5 °C).

 

So gehe ich vor:

  1. Kamera mit Verschlussdeckel ohne Objektiv in den auf Temperatur eingestellten Kühlschrank legen – das Objektiv ist für Darks, Darkflats und Bias nicht erforderlich,

  2. Kamera mindestens 30 Minuten akklimatisieren lassen, bevor die Aufnahmen starten,

  3. Fernbedienung verwenden, um die Kamera von außen auszulösen:

    • kabellos: falls die Verbindung durch die Tür noch funktioniert

    • kabelgebunden: dünnes Kabel durch die Isolierung führen (z. B. an der Dichtung entlang), dann Tür vollständig schließen

  4. Keine Beleuchtung im Innenraum – und möglichst wenig Elektronik, die Wärme abstrahlt


Und wenn ich keinen Extra-Kühlschrank habe?


Dann rate ich vom Kühlschranktrick ab. Die Risiken durch Feuchtigkeit und Temperaturabweichung überwiegen. In diesem Fall sind Darks, Darkflats und Bias am besten direkt nach der Session unter realen Bedingungen aufzunehmen. Damit kannst du dir langfristig eine eigene Bibliothek aus echten Nächten aufbauen.


⚪ Flats – bitte wirklich jedes Mal neu


Während sich Bias, Darks und Flatdarks unter bestimmten Bedingungen konservieren lassen, gilt für Flats eine klare Regel: Sie sollten für jede Serie neu aufgenommen werden. Flats gleichen neben der Vignettierung Sensorflecken und Staub auf dem Sensor und im Strahlengang aus. Beim Auf- und Abbau des Equipments können sich Staubpartikel verlagern. Generell können sich neue Teilchen ablagern, selbst wenn die Ausrüstung nicht bewegt wird. Die Kalibrierung wird dann nicht nur wirkungslos, sondern kann sogar Artefakte erzeugen.


Mein Praxis-Tipp


Ich selbst nehme nach jeder Serie neue Flats auf – unabhängig davon, ob ich das Gefühl habe, dass sich etwas verändert hat oder nicht. Die Aufnahme dauert nur wenige Minuten – und sie spart später bei der Bearbeitung deutlich mehr Zeit, weil das Bild sauber korrigiert ist.

 

Außerdem: Für Flats muss es nicht dunkel sein. Ich nehme sie häufig in der beginnenden Dämmerung auf – noch bevor die Session vollständig beendet ist, weil dann die Temperatur zu der der Darkflats passt.


Fazit Flats


Wer auf Flats verzichtet oder alte Flats weiterverwendet, riskiert hartnäckige Fehler in seinen Astrofotos – egal, wie gut der Rest der Kalibrierung ist. Vielfach werden Flats als die wichtigsten Kalibrierbilder bezeichnet. Flats sind schnell gemacht, aber ihr Effekt ist riesig. Deshalb gilt: Jede Serie verdient ihre eigenen Flats – und du sparst dir viel Frust in der Nachbearbeitung.


Zusammenfassung: Kalibrieraufnahmen konservieren


Kalibrierbilder sind der Schlüssel zu sauberen, detailreichen Deep Sky-Fotos. Doch nicht alle lassen sich einfach archivieren. Während sich Bias, Darks und Flatdarks unter bestimmten Bedingungen gut wiederverwenden lassen, müssen Flats konsequent neu erstellt werden – am besten nach jeder Serie. Eine eigene Bibliothek aus standardisierten Kalibrierbildern kann dir wertvolle Zeit sparen – vorausgesetzt, du arbeitest mit klaren Belichtungszeiten, dokumentierst die Sensortemperatur und achtest auf saubere Bedingungen. Wenn du deine Kalibrierroutine ernst nimmst, wirst du schnell merken: Der Aufwand lohnt sich. Deine Bilder gewinnen an Qualität.


Übersicht Kalibrierbilder


Kalibrierbild

Wiederverwendbar?

Bedingungen

Empfehlung

Bias

✅ Ja

gleiche ISO, Temperatur wie Lights, abgedunkelt

 

 

max. 3–6 Monate nutzen

Darks

✅ Ja

Gleiche Belichtungszeit, ISO, Temperatur wie Lights (Abweichung < 3 °C)


Flatdarks

✅ Ja

gleiche ISO, Belichtungszeit und Temperatur wie Flats

am besten zeitnah zu den Flats,

max. 3 – 6 Monate nutzen

Flats

❌ Nein

gleiche ISO und Temperatur wie Lights,

Belichtungszeit muss bestimmt werden

Setup verändert sich zu leicht

nach jeder Serie neu aufnehmen

Deine Kalibrierbilder in der Praxis – im Kurs vertiefen


Du willst deine eigene Kalibrierroutine aufbauen – aber weißt nicht, wie du starten sollst? Im Fotokurs Deep-Sky-Fotografie für Einsteigende am 23. August zeige ich dir Schritt für Schritt, wie du Darks, Flats, Flatdarks und Bias effizient aufnimmst – und auf was du bei deinem eigenen Setup achten solltest.


➡️ Alle Infos und Buchung findest du hier:


 
 
 

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